Freizeit & Touristik

Buchel

Den Bauch voller Wasser, mit kräftig grünen Schuppen, liegt ein freundlicher Drache langgestreckt zwischen Schlossberg und Kuhstallweiher. Er bietet mit seinem breiten Rücken Marktoberdorf Schutz und Schirm. Man nennt ihn die Buchel.

Von der Gemeinschaftsweide zum Erholungswald. Und heute das grüne Herz der Stadt. Die Seitenmoräne eiszeitlicher Gletscher ist in vielerlei Hinsicht etwas ganz Besonderes. Nur ein Buckel, gewiss, aber ein besonders schöner, ein bedeutender, ein beseelter. Die Buchel ist für die Bürger der Stadt ein wichtiges Stück Heimat. Voller Erinnerungen, voller Pläne.

Wo sonst wächst der Wald bis ins Stadtzentrum? Wo sonst gibt es einen vergleichbaren Stadtpark im Hochparterre. Mit verschlungenen Wegen für Jogger und Spaziergänger. Ob in der Sommerfrische oder zum Wintersport: die Buchel gibt den Blick in die Berge frei. Nur ein paar Schritte von der Fußgängerzone entfernt, steht man über der Stadt, über den Dingen.

Für eine Keltische Viereckschanze (eigentlich) zu weit südlich. Und von einer Römerstraße zum nahen Auerberg weiß man nichts, wenngleich der Römische Gutshof am Kuhstallweiher und die dazugehörige Therme (Römerbad) Faktum sind. Dr. Michael Petzet, ehemaliger Landeskonservator und Chef des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, stufte die rätselhaften Erdwerke auf der Buchel als mögliche frühe Marktumwallung ein.

 

Dass der Name nicht von der Frucht der Rotbuche herkommt, sondern von „Buckel“ – dem alten Wort für Erhebung oder Kuppe, ist wahrscheinlich, weil erst 1892 die ersten Bäume auf die vorher als Viehweiden genutzten Terrassen gepflanzt wurden. Sicher ist, dass im Mittelalter Bedürftige hier so viel Boden bebauen durften, wie für einen Metzen Aussaat nötig war. Möglich, dass auch deshalb die Buchel Identifikationspunkt im Bewusstsein der Bürger ist.

 

1889 wurde die Bahnlinie nach Füssen fertig. König Ludwig II. fuhr durch Marktoberdorf in Richtung Schwangau. Sein Onkel Luitpold leitete bis 1912 als beliebter Prinzregent Bayerns Geschicke. Zu seinem 70. Geburtstag wurde die Buchel 1891 zur Luitpold-Höhe umgetauft, mit viel Brimborium, Blumenschmuck und Platzkonzert. Der Name setzte sich aber nie durch.

1890 sollte die Buchel „Königsplatz“ werden, mit einer 300 Meter langen Flaniermeile und Blick aufs Kurfürstliche Schloss. „Café Belvedere“ und Aussichtsturm blieben in „Utopia“. Dafür wurde ein Erlebnisspielplatz gebaut. Ab 1923 spielte der Turnverein auf der Buchel Fußball. In die Rinde geschnitzte Spielresultate finden sich bis heute an den alten Bäumen. Die hundert Jahre alte hölzerne Schlange ist als unverwüstliches Sportgerät Relikt jener Zeit.

Heute legen sich gepflegte Wege spinnennetzartig über den Erholungspark Buchel, mit schattigen und sonnigen Bereichen, mit Kinderspiel- und Bolzplatz sowie der kleinen Wendelins-Kapelle, deren Ursprünge ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Der Viehpatron wurde ja gebraucht, im Reich der Kühe und Schumpen, bis die Stadt die Buchel ab 1889 zum mittlerweile sechzehn Hektar großen Naherholungsgebiet machte.

Im Westen hat Rübezahl sein Reich, sein Denkmal, der Schutzgeist des Riesengebirges. Er kam nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Heimatvertriebenen ins Ostallgäu. Mit ihnen ist er längst zum Mitbürger geworden.

Ziel von Schulausflügen, ein paradiesischer Ort für Picknick oder Rendezvous, ist der „Engellandeplatz“ des Bildhauers Christoph Wank. An Föntagen kann man die hohen Berge quasi anfassen. Und in der Silvesternacht, zum Feuerwerk um Mitternacht, treffen sich hier, auf ihrer Buchel, die Marktoberdorfer zum Anstoßen.

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