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Stadtwappen

Drei Helme, Drachen, Zinnen, Schlüssel… Seit dem 11. Jahrhundert gibt es in Deutschland Stadtwappen. Sie sind den Regeln der Heraldik unterworfen und erlauben oft einen Einblick in die Stadtgeschichte.

Das Wappen Marktoberdorfs ist außergewöhnlich, besonders, weil weitgehend naturalistisch und weniger symbolisch gehalten. Gezeigt wird auf weißem Grund, wie der römische Soldat Martinus in goldener Rüstung im Stadttor von Armiens seinen roten Mantel mit einem halbnackten Bettler teilt.

Das Motiv bezieht sich auf die einst zur Centene Bertoldshofen gehörenden, stolzen Kirche St. Martin auf dem Schlossberg, heute das Wahrzeichen der Stadt, und damit auf den im Allgäu populären Heiligen. Ein mittelalterlicher Zusammenschluss von Bauern, genannt der „Tigau“, soll ihn schon Schutz und Schirm suchend im Schild geführt haben.

Der ungewöhnliche, vergessene Begriff kommt vom Wort „Thing“, bzw. der „Thing-Au“, dem Ort an dem von alters her Volks- und Gerichtsverhandlungen nach germanischem Recht stattfanden. Der Name der Marktoberdorfer Nachbargemeinde Unterthingau erinnert daran.

Marktoberdorf kann stolz darauf sein: Zu einem außergewöhnlichen Wappen gehört auch eine außergewöhnliche Geschichte: Das Tigau Oberdorf bestand aus Oberdorf, Stötten am Auerberg, Bertholdshofen, Bernbach und Thalhofen; alles Dörfer und Märkte, die zum Hochstift Augsburg gehörten. Das Tigau übte bis 1614 das besondere Recht der Selbstbesteuerung aus. Das Geld wurde in der Tigau-Truhe gehortet.

Rund zweihundert Jahre später wurde aus dem Wittelsbacher Kurfürstentum das Königreich Bayern. Und das Allgäu weißblau. Im Zuge der Säkularisation kam der Markt Oberdorf 1806 vom Hochstift Augsburg zum Königreich. Der Tigau wurde aufgelöst, ebenso das spätere Malefiz-Gericht und die Pflege Oberdorf. Das Wappen aber blieb, wenngleich etwas reduziert, modernisiert und begradigt.

Ein gänzlich neues Wappen für Marktoberdorf war im Gespräch – 1980. „Heraldische Qualität statt naturalistischer Abbildung“ titelte die „Allgäuer Zeitung“. Das neue Wappen sollte von einem goldenen Martinus-Schwert, das dem alten Motiv entnommen war, in ein rotes und ein silbernes Feld geteilt werden, eine Reminiszenz an die Farben des Hochstifts Augsburg. Die beiden stehenden Spitzen bildeten den Buchstaben M, der wiederum für Martinus oder Marktoberdorf stehen sollte.

Das Stadtwappen heute ist – trotz der Anpassungen – immer noch nicht streng „heraldisch“ im eigentlichen Sinn, aber historisch. Es erzählt Geschichten. Dass sich der Stadtrat, auch bei der Gebietsreform, im Zuge der Eingemeindungen, nicht dazu durchringen konnte, das alte, gewohnte Motiv einfach über Bord zu werfen, ehrt ihn. Die Nicht-Entscheidung erweist sich heute, da Originalität gesucht und im Wettbewerb auf Alleinstellung geachtet wird, als reiner Segen. Der Segen des Heiligen Martin.

In Silber der wachsende, golden gerüstete hl. Martin mit goldenem Helm, darauf ein roter Kamm, der mit silbernem Schwert ein Stück seines roten Mantels dem wachsenden nackten Bettler zuteilt. | © Stadt Marktoberdorf